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Deutschlandreise

By 26. März 2013Allgemein

Wenn ein Mensch in, sagen wir, Bayern inhaftiert ist und als Zeuge oder als Angeklagter einen Termin zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen hat, dann ist das die Höchststrafe für die behördliche Logistik. Denn es funktioniert dann nicht etwa so, dass diese Person mit vielleicht zwei oder drei Bewachern in einem Kleinbus 8 Stunden auf der Autobahn unterwegs ist, um ans Ziel zu kommen. Es sei denn, man ist Promi-Gefangener des Generalbundesanwalts persönlich, dann darf man auch mal mit dem Hubschrauber fliegen. Nein, es beginnt dann die sogenannte „Verschubung“. Und die mutet an wie ein Posttransport zu Zeiten, in denen die Post noch in Händen bayerischer Fürstenfamilien war und mit Pferdekutschen durch die Gegend transportiert wurde. Denn die Reise geht dann jeden Tag von Knast zu Knast, immer ein Stückchen dem Ziel näher. Manchmal geht es jeden Tag ein paar Kilometer weiter, manchmal wartet man auch mal drei Nächte an einem unbekannten Ort. Immer auf der jeweiligen „Zugangsstation“, immer auf der Durchreise. So eine Reise dauert gut und gerne 14 Tage – one way. Das ist dann besonders prickelnd, wenn man im Gerichtssaal ankommt und alle Beteiligten auf die Vernehmung als Zeuge verzichten. Da haben sich schon manch dramatische Situationen im Gerichtssaal abgespielt, wenn der reisende Inhaftierte merkte, völlig umsonst verschickt worden zu sein. Auch die Ankündigung, dass man eventuell in einiger Zeit nochmal als Zeuge gebraucht würde, führt mitunter schon zu einem Nervenzusammenbruch, sieht der Gefangene doch vor seinem inneren Auge schon die nächste Schnitzeljagd vor sich. Mich wundert allein, dass das Tracking funktioniert und die Transportbehörden wissen, wo sich ihr Gefangener aufhält und wo er hin muss.